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"TSCHAKKA"

oder das Geschäft mit den Grenzen der eigenen Courage

Dass der Pförtner, der Buchhalter und die Sekretärin vor der gesamten Belegschaft barfuß über glühende Kohlen lief, war das Markenzeichen des heute 73-jährigen niederländischen Motivationstrainers, Emile Ratelband. Der Sohn eines Bäckers und einer Krankenschwester chinesisch-indonesischer Herkunft, erfand das Wort "Tschakka", das man in seinen sündhaft teuren Seminaren einst nur laut und oft genug ausrufen musste und schon küssten einen angeblich die Geister der Motivation und das Selbstvertrauen steigerte sich in ungeahnte Höhen, sodass einem noch nicht mal mehr glühende Kohlen unter den Fußsohlen etwas anhaben können. Man war plötzlich in der Lage, sich die in einem schlummernden Potentiale zu erschließen und zukünftig den Erfolg zu haben, von dem man schon immer geträumt hat. Soweit, so flüchtig. Am nächsten Arbeitstag waren die Superhelden wieder der Pförtner, der Buchhalter und die Sekretärin. Außer eines unterhaltsamen Events ist nichts geblieben. Ich bin mir nicht sicher, ob man Ratelband als Vater aller Motivationstrainer bezeichnen kann, aber er ist auf jeden Fall einer der frühen und schillerndsten Vertreter dieser fragwürdigen Zunft.

Mit Facebook und Instagram sind die Nachfahren Ratelbands inzwischen zur Landplage geworden. Sie nennen sich heute auch gerne "Business-Coaches" oder geben sich sonstwelche klangvollen Berufsbezeichnungen, von denen natürlich keine einzige eine offiziell anerkannte ist.

Sie penetrieren uns mit ihren Werbe-Posts, die uns täglich ungebeten in die Timeline geklemmt werden. Der eine fährt in seinem Videoclip in slo-mo im teuren Sportwagen, gewandet in einen Designer-Anzug, aus der Doppelgarage einer mondänen Villa und erzählt uns mit der gut sichtbaren Rolex am Handgelenk, dass unsere finanzielle Unabhängigkeit nur die Teilnahme an seinem natürlich gänzlich kostenlosen Seminar entfernt ist. Der andere macht einen auf steinreicher Privatier am Südseestrand in weißer Leinenhose und Polohemd mit Sundowner in der Hand und verspricht, dass man sich mit seiner Methode auch bald ein sorgenfreies Leben unter Palmen leisten kann. Wieder andere lassen sich in zusammengeschnittenen möglichst spontan wirkenden Statements hochleben und empfehlen von denen, die angeblich durch das Coaching, die Seminarteilnahme oder Anwendung der verheißungsvollen Methodik ihr Ziel des Erfolgs und der finanziellen Unabhängigkeit erreicht haben und das so schnell und einfach, wie sie es sich niemals hätte vorstellen können und dafür so unendlich dankbar sind.

Das Fehlen jeder tatsächlichen Kompetenz wird durch sprachlichen Erfindungsreichtum versucht, wett zu machen. So wird Wortakrobatik angewandt, die in ihrer Absurdität kaum zu überbieten ist. Es werden die revolutionären, noch nie da gewesenen, vollkommen neuen Methodiken zum sprunghaften Erfolg und Reichtum feilgeboten, die natürlich nur sie, die Coaches und Trainer kennen: "Money Making Activities", "Business, Money and Mindset Mastery", "Energy Leadership", "Digitale Skalierung" oder „ das Prinzip, das Millionäre macht“. Eingebettet werden die Wortschöpfungen in rhetorische Fragen wie "du willst endlich dein eigener Chef und finanziell unabhängig sein?", "arbeitest du immer noch in und nicht an deinem Unternehmen"? oder "Selbstständigkeit bedeutet für dich vor allem selbst und ständig arbeiten?".

Wäre auch nur annähernd ein substantiell brauchbarer Wert hinter den nervigen Offerten, würden die sie Feilbietenden sie doch zu allererste selbst anwenden und sie hätten es nicht nötig, sich anzubiedern, wie die Handeslpropagandisten in einem Einkaufszentrum mit ihrem revolutionären Gurkenschälern, völlig neuartigen Reinigungsmitteln oder Kochtopf-Sets, in denen nie wieder was anbrennt.

Eine beliebte Masche ist auch die Behauptung, dass man durch die einzigartige ultimative Super-Methode selbst unglaublich reich und unabhängig geworden ist und man nun das große Bedürfnis hat, diesen unvorstellbaren Erfolg mit anderen Menschen zu teilen. Ich jedenfalls kaufe diesen selbsternannten Heilsbringern weder ihren angeblichen Reichtum, noch den für sich in Anspruch genommenen Altruismus ab.

In den späten 80ern war ich selbst als Versicherungsvertreter tätig und durfte damit an so manchem Verkaufsseminar teilnehmen. Bei all den mehr oder weniger brauchbaren Tricks, die uns beigebracht wurden, um den Kunden zur Unterschrift unter einen Versicherungsvertrag zu bewegen, hat man uns vor allem auch eines versucht glauben zu machen: dass man verkäuferischen Erfolg lernen kann. Doch das ist Unsinn! Den erfolgreichen Vertretern war eines auffällig gemein: Ihnen schien der Erfolg förmlich zuzufliegen. Sie hatten offensichtlich mühelos Woche für Woche und Monat für Monat deutlich mehr Abschlüsse als die große Mehrheit der anderen Vertreter. Die Mehrzahl der Vertreter musste sich anstrengen und hatte Mühe, zu Abschlüssen zu kommen und niemals auch nur annähernd in dem Umfang ihrer erfolgsverwöhnten Kollegen, die längst Feierabend hatten, während sie immer noch beim Kunden saßen und versuchten, ihn zum Vertragsabschluss zu bewegen. Woran lag das?

In unserem genetischen Code sind immer noch viele Verhaltensweisen programmiert, die uns vor Jahrtausenden das Überleben gesichert haben, wozu vor allem auch gehört, sich in einer Gruppe ein- und unterzuordnen, sich anzupassen, um so in Notsituationen und bei Gefahren von ihr geschützt zu werden. Von der frühen Steinzeit bis heute gibt es allerdings auch Menschen, bei denen diese Eigenschaft nicht so stark ausgeprägte ist oder überlagert wird von dem Willen eine Gruppe anzuführen und sich in ihr entsprechend durchzusetzen. In der Tierwelt würde man vom Leittier eines Rudels sprechen. Diesen Menschen ist ein Konflikt nicht nur nicht unangenehm, sie suchen ihn geradezu, um ihr Ziel zu erreichen. Auf einen Verkäufer übertragen bedeutet das, dass ihn ein Nein eines Kunden geradezu anspornt. Für ihn fängt beim "Nein" der Verkauf erst an, während für die meisten anderen er damit endet. Diese Eigenschaft lässt sich nicht durch lernen erwerben – entweder sie ist einem in die Wiege gelegt, oder eben nicht.

Das ist auch der Grund, warum Unternehmen von den Eltern aufgebaut und von den Kindern in die Pleite getrieben werden. Die Kinder haben das Leittier-Gen von den Eltern nicht geerbt. Auch wenn sie sich noch so sehr angestrengt haben, hatten Sie nicht die Konflikt- und Durchsetzungsfähigkeit des Vaters, der das Unternehmen erfolgreich aufgebaut hat.

Die selbsternannten Experten bedienen sich als Referenz der großen Erfolge von Menschen, die ohne ihr Zutun die nötige Neigung besitzen und reden den Menschen, denen das Eigenschaft fehlt, ein, dass es keine Frage der Persönlichkeitsstruktur ist, ob man unternehmerischen Erfolg hat oder nicht, sondern dass es einzig und allein des nötigen Methodenwissens für Erfolg und Reichtum bedarf und sie eben über genau dieses verfügen und bereit sind es weiterzugeben.

Jeder Unternehmer, Selbstständige oder Freiberufler, der sich trotz eines 12-Stunden-Tages und durchgearbeiteten Wochenenden nur mit Mühe und Not von Monat zu Monat schleppt, dem jedes Kunden- und Verkaufsgespräch schon deswegen ein Graus ist, weil der Kunde das Angebot mit einem Nein auch ablehnen könnte, dem es höchst unangenehm ist, mit seinen Lieferanten über den Preis zu verhandeln, der sollte nicht auch noch Geld verschwenden für die angeblichen Zauberformeln des Erfolgs.

Wenn man mit 1,70 m Körperlänge durchs Leben geht, sollte man sich nicht einreden lassen, eine Karriere als Basketballspieler machen zu können, wenn man nur die richtigen Spieltechniken lernt. Viel sinnvoller wäre es, sich zum Beispiel im Eiskunstlauf zu versuchen, für den man bereits die ideale Größe mitbringt.

Schließlich gibt es in unserer Gesellschaft viele andere Möglichkeiten, ein gutes Einkommen zu erzielen, ohne eine besondere Konfliktaffinität haben zu müssen. Wenn man für sich erkennt, dass man nun mal nicht zum kämpferischen Leitwolf geboren ist, sollte man sich das eingestehen und nicht das wertvollste, das uns gegeben ist, nämlich unsere Lebenszeit, darauf verschwenden, etwas zu tun, was einem im innersten überhaupt nicht liegt.


(c) Christian Sünderwald

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