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Ehemaliges Gefängnis in Berlin
Dieses seit den 80er Jahren nicht mehr als solches genutzte, leerstehende Gefängnis befindet sich inmitten eines der schönsten Randbezirke Berlins. Hübsch sanierte Häuserzeilen. Quirliges Leben der Hauptstadt. Ein filigraner Zaun um einen gepflegt begrünten Vorhof. Dahinter die alte Haftanstalt, die heute kaum noch Beachtung findet.
Sie wurde zu Kaisers Zeiten erbaut und die ersten Häftlinge saßen hier ab 1902, vom unmittelbar angrenzenden Amtsgericht abgeurteilt, ein.
Mit der Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 war dieses Gefängnis einer der ersten Schauplätze dessen, wozu die Nazis tatsächlich fähig waren. Unter anderem hier entfesselte sich erstmals der blutige Nazi-Terror, indem die "SA" das Gefängnis in völliger Willkür beschlagnahmte und ihnen missliebige Bürger der Stadt, darunter vor allem auch viele Menschen jüdischen Glaubens, einsperrte, folterte und auch nicht wenige davon tötete. Es war damals eine Art "Test", mit dem man ausprobierte, wie weit man schon gehen konnte. Als gesichert überliefert gilt, dass man die SA-Schergen damals völlig ungehindert wüten ließ. Weder die Polizei noch die Justiz oder sonst irgendwer unternahm damals auch nur den Versuch, sich den Braunhemden in den Weg zu stellen, um die Gräueltaten zu verhindern. So ist dieses Gefängnis heute ein besonders belastetes Zeugnis des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte.
Das hat allerdings die Machthaber in der DDR nicht davon abgehalten, das Gefängnis auch für sich als solches weiter zu nutzen.
Als das Gebäude seinem ursprünglichen Zweck in den 80er Jahren dann endgültig enthoben wurde, diente es noch ein paar Jahre als Kostümfundus des DDR-Fernsehens. Nicht ohne Ironie der Geschichte: so unfrei wie die Kunst in Schauspiel und Gesang durch die Zensur des DDR-Regimes damals war, so waren in dieser Zeit selbst die Kostüme der Schauspieler eingekerkert.
Wenn man heute diesen Ort besucht und die rostige schwere Eingangstür ein paar Schritte hinter sich lässt, wird man unausweichlich erfasst von der beklemmenden Atmosphäre, die von ihm immer noch ausgeht. Tageslicht dringt dumpf und fahl durch die trüben und schmutzigen Drahtglasscheiben des Oberlichts. Lange schmale Gänge von denen aus es in die engen kargen Zellen führt. Es ist klamm und kalt. Die Luft ist angestaut und es riecht nach korrodierendem Metall, feuchtem morschen Holz und verrottender alter Lackfarbe.
Das bedrückende Gefühl hier inhaftierten, jeder Freiheit gänzlich beraubt und völlig ausgeliefert zu sein, beschleicht einen trotz des Bewusstseins, heute jederzeit umkehren und wieder gehen zu können. Kaum mehr vorstellbar, welche Tortur es alleine schon bedeutet haben muss, hier Tage, Wochen, Monate oder vielleicht sogar Jahre zuzubringen, nicht wissend, was mit dem eigen Leib und Leben in jedem nächsten Moment geschehen wird, sich dauernd bewusst zu sein, dass es jederzeit zum Schlimmsten kommen und die Vorstellungen darüber einen in nichts anderes versetzen kann, als schiere Angst.
Ich denke mir, Verfall kann auch sehr befreiend sein.