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Alte Villa im Vogtland
Die Vorboten der frostigen Jahreszeit verdrängen die Herbstreste. Die Sonne scheint zwar an diesem Sonntag und es drängt uns nach draußen, aber die Sonnenstrahlen haben ihre wärmende Kraft verloren. Man spürt schon die schneidende Eisigkeit des Winters.
Unsere heutige Fototour führt uns ins Vogtland - dem schönen und beschaulichen Landstrich zwischen Sachsen und Franken, der seine unberührte Natur zu einem Teil auch dem vier Jahrzehnte währenden deutsch-deutschen Grenzstreifen zu verdanken hat.
Wir sind auf den Spuren einer baulichen Hinterlassenschaft des geldadeligen Großbürger- und frühen Unternehmertums der vorvergangenen Jahrhundertwende.
Als wir in die kleine Stadt kommen, führt uns der Weg über Seitenstraßen immer weiter bergauf, bis sich schließlich das herrschaftliche Anwesen vor uns auftut, das eher einen Schloss als einer Villa gleicht. Volltreffer, denken wir uns. Wenn das Interieur das hergibt, was die Fassade verspricht, dann sollte sich der Besuch überaus lohnen. Und wir werden nicht enttäuscht. Trotzt starken Verfalls und deutlicher Spuren derer, die in solchen Gebäuden ihrer Zerstörungswut leider freien Lauf lassen, werden wir erfasst von der immer noch überwältigenden Schönheit, die zunächst unsere Netzhaut belichtet und sogleich auch unsere Kamerasensoren.
Wie reich musste man sein, um sich eine derartige Heimstätte leisten zu können? Und wie kam man zu diesem Reichtum? Damals noch viel mehr als heute war Grundlage des meist schnell erreichten materiellen Wohlstandes die Verfügbarkeit der Produktivität von Arbeitern und Arbeiterinnen, die eben wesentlich mehr erwirtschaftet haben, als sie kosteten. Wenn ich da heute an die Scharen an Leiharbeitern denke, die nicht selten Hand in Hand mit fest angestellten Kollegen arbeiten, die bis zum doppelten verdienen, nur weil sie einen anderen Arbeitsvertrag haben, frage ich mich, wie weit wir in den vielen Jahrzehnten seit der sogenannten Gründerzeit gekommen sind - offensichtlich nicht sehr weit.
Doch wie eine Volksweisheit schon sagt, "Geld macht nicht glücklich". Und selbst wenn vielleicht doch zu einem gewissen Teil, dann ist auch das von fragiler Beständigkeit, wie uns der Verfall dieses Prachtbaus eindrücklich vor Augen führt.
Das wertvollste im Leben ist nicht materieller Reichtum, nicht das was man anfassen und besitzen kann. Es sind vielmehr möglichst viele schöne Erinnerungen an glückliche Momente im Leben. Aller materieller Besitz kann kaputt gehen, abhanden kommen oder nutzlos werden und vielleicht schon deswegen, weil man ihn nicht mit dahin nehmen kann, wohin einen der Lebensweg führt. Ganz anders ist das mit Erinnerungen. Sie nutzen sich nicht ab, gehen nie verloren und man hat sie immer dabei. So wird es mir zum Beispiel mit dem heutigen Tag gehen, den ich mit dem wundervollsten Menschen verbringen kann, dem ich je begegnet bin, meiner wundervollen Frau.
Inzwischen ist es Nachmittag geworden und die Sonne neigt sich schon wieder dem Horizont. So ziehen wir uns dankbar wieder zurück und setzen unsere Fahrt fort in Richtung Franken, wo wir diesmal aus nicht bildhaften Gründen den Abend verbringen.